16 Tage vor dem langjährigen Mittel – so früh wie noch nie startete die Apfelblüte 2024 in Deutschland. Wie sieht es bei den landschaftsprägenden Streuobstbäumen aus? Hochstamm Deutschland e.V. hat sich deutschlandweit umgehört und fragt nach den Aussichten auf die Ernte.
Im Mittel über die letzten Jahre hinweg begann die Apfelbaumblüte am 24. April. Dieses Jahr waren es über zwei Wochen früher. Wie sieht es auf den Streuobstwiesen aus und welche Auswirkungen hat es? Hochstamm Deutschland e.V. hat sich deutschlandweit bei den Streuobstakteuren umgehört.
Blühbeginn beim Apfel im Schnitt: Zwei Wochen zu früh
Der Deutsche Wetterdienst beobachtet Jahr für Jahr an verschiedenen Standorten, verteilt über ganz Deutschland, die Apfelblüte. Im Mittel über alle Beobachtungspunkte hinweg startete sie 2024 am 8. April und damit über zwei Wochen früher als im Schnitt der letzten Jahre. Dass sich die Blühzeitpunkte nicht an Durchschnittswerte halten, ist keine Besonderheit. Auch in den vergangenen 10 Jahren fand die Blüte bereits bis zu 15 Tage (2014) früher oder 4 Tage später (2021) statt. Der 16 Tage frühere Beginn ist allerdings ein Rekord. Den frühesten Blütebeginn beobachteten die Melderinnen und Melder bereits am 15. März im Nordosten von Nordrhein-Westfalen, den spätesten ganz im Norden Deutschlands am 1. Mai 2024.
Wie sieht es im Streuobst aus?
Hochstamm Deutschland e.V., eine bundesweite Streuobstplattform hat einen Blick in die Streuobstpraxis geworfen und in verschiedenen Regionen nachgefragt. Dr. Ulrich Mayr vom Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB) in Baden-Württemberg bestätigt die Daten des Wetterdienstes. Auch das KOB registrierte 2024 die früheste Blüte überhaupt. „Nachdem die Blüte im Streuobstbau 2023 schwach war, standen die Bäume dieses Jahr in voller Blüte“, erklärt der Experte.
Auch im Nordosten sieht es ähnlich aus: Anja Abdank vom Streuobstnetzwerk Mecklenburg-Vorpommern berichtet, dass alle Obstarten zwei bis drei Wochen früher blühten als sonst. Sie beobachtete außerdem: „Sie blühen fast alle gleichzeitig“. Gleiches berichtet Sabine Washof vom Streuobstwiesen-Bündnis Niedersachsen aus dem Nordwesten Deutschlands über die größte Besonderheit 2024: „Alle Obstarten (Stein- und Kernobst) haben mindestens zwei Wochen früher als sonst und fast gleichzeitig geblüht.“ Sie nennt Apfel und Kirsche als Beispiel.
In Bayern, genauer gesagt im Lallinger Winkel in Niederbayern gibt Maria Gruber vom dortigen Streuobstwiesenkompetenzzentrum Auskunft. Dort beobachteten sie eine bis zu fünf Wochen frühere Blüte durch den sommerlich warmen März und Anfang April. Sie erkennt Unterschiede zwischen den Obstarten: „Die Kirschen, Pfirsiche, Zwetschgen und Birnen haben die Blütezeit gut überstanden. Bei den Apfelbäumen müssen wir abwarten. Die Frühäpfel haben es auch noch gut erwischt.“
Wie wirkt sich das desjährige Wetter auf die Ernte aus?
Von der Blüte zur Ernte. Die frühe Blüte erhöht die Gefahr von Spätfrösten und damit Ernteeinbußen. Dr. Ulrich Mayr (KOB) macht Mut für die diesjährige Streuobsternte. Er berichtet, dass es nur in wenigen ungünstigen Lagen leichte Frostschäden gegeben habe und insgesamt die Befruchtung sehr gut sei. „Die Voraussetzungen für eine hohe Ernte sind also gegeben“, schreibt der Experte, der im Moment zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen in einem Projekt an frosttoleranten Apfel- und Birnensorten forscht. Allerdings schränkt er gleichzeitig ein: „Falls jedoch ausgedehnte Trockenperioden im Sommer folgen, kann sich dies beispielsweise durch vorzeitigen Fruchtfall und Kleinfrüchtigkeit auswirken“.
Auch Mecklenburg-Vorpommern ist von starkem Frost verschont geblieben. „Wir hatten einige Tage nur -1 Grad Celsius und vermutlich nur relativ wenig Zerstörung durch Frost“, sagt Anja Abdank Im Netzwerk Mecklenburg-Vorpommern erwarten sie allerdings eine geringere Befruchtung. Das Zeitfenster für Bestäuberinsekten sei wegen der kühlen Tagestemperaturen sehr kurz gewesen. Dass die Bestäuberinsekten bei den früheren Sorten im Nachteil waren, berichtet auch Sabine Washof. „Erst bei den späteren Sorten summt und brummt es“, beobachtet sie. Die sehr kühlen Tage hätten zwar die Insekten beeinträchtigt, aber die Blüten nicht geschädigt.
„Der Regen hat den Blüten nicht gutgetan, teilweise faulen die Blütenblätter ab“, berichtet Maria Gruber aus Niederbayern. Sie beobachtet aus dem Grund auch nur eine geringe Bestäubung. Auch an ihrem Standort im Lallinger Winkel sind sie von starkem Frost verschont geblieben. „Die Blüten wissen ganz genau, dass sie sich zurückhalten müssen“, erklärt Gruber.
Alles in Allem lässt sich noch nicht sagen, wie die Ernte wird. Das hängt vom Wetter der kommenden Wochen und Monate ab. Sabine Washof vom Bündnis in Niedersachsen rechnet mit einer geringeren Ernte. Maria Gruber weist daraufhin, dass die frühe Blüte auch eine frühere Ernte hervorrufen könnte, was sie wiederum auf die Lagerfähigkeit der Früchte auswirkt. Trotzdem macht sie Mut: „Wir glauben aber nicht an einen Totalausfall, die Natur ist für viele Überraschungen bekannt und ein bisschen Vertrauen liegt auch in unserem Tun. Wir freuen uns auf eine gute, solide Ernte mit vielen verschiedenen Apfelsorten, Birnen und Zwetschgen.“ Wir sind gespannt!
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