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Wir über uns!
„Eigentlich habe ich nur nach einer sinnvollen Beschäftigung für den Ruhestand gesucht.“
Wolfgang Bode berichtet über sein Engagement für die niedersächsischen Streuobstwiesen.
30. Juni 2020
Schwiegerhausen (Landkreis Osterode am Harz)

Das Streuobstwiesen-Bündnis Niedersachsen e.V. ist ein Dachverband, der sich zur Aufgabe gemacht hat, Streuobst-Akteure in Niedersachsen zu vernetzen und ihr Engagement in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Aufgrund dessen möchten wir nun an dieser Stelle regelmäßig Mitglieder unseres Vereins vorstellen und damit zeigen, wie vielfältig und bunt das Streuobstleben ist.

 

Den Start macht Wolfgang Bode mit seiner Streuobstwiese in Schwiegershausen. Von Anfang an ist er mit Herzblut beim Bündnis dabei und hat den Verein auch mitbegründet.

 

„Solange ich zurückdenken kann, hatten wir einen Streuobstbestand. Zum einen hinter dem Haus mit zwei Birnen- und mindestens 3 Apfel- sowie mehreren Zwetschenbäumen. Zum anderen die jetzt von mir bewirtschaftete Wiese – damals noch als Rinderweide genutzt mit mehreren Gravensteiner- und zwei Boskoop-Bäumen“, erinnert sich Wolfgang Bode. „Besonders die Gravensteiner hatten es mir im Spätsommer angetan. Ich halte diese Sorte für einen der besten Tafeläpfel. Drei dieser alten Bäume stehen immer noch auf meiner Fläche und auch einer der Boskoop-Bäume hat sich bis heute erhalten. Die Bäume sind über 100 bis 120 Jahre alt.“

 

Apfelbaum mit BlütenBaum mit roten Äpfeln © Wolfgang BodeAst mit roten Äpfeln © Wolfgang Bode

 

Ab 1984 wurde in Schwiegershausen, Ortsteil von Osterode am Harz, jetzt Landkreis Göttingen eine Flurbereinigung angeordnet. Dies bot Wolfgang Bode die Möglichkeit, die ursprüngliche Fläche um einen Hektar auf heute knapp 12 000 m² zu erweitern. Natürlich nahm er dies sofort wahr. Insgesamt kam es in dieser Zeit und im Zuge dieser Flurbereinigung zu einem umfangreichen Streuobstwiesenprogramm in der Region. Näheres zu den Maßnahmen und Umsetzungen, die bis 2006 getroffen wurden, können auf der Internetseite der Stadt nachgelesen werden. Dort ist auch die Wiese von Wolfgang Bode (Seite 8 des PDF „Flurbereinigung als Flurbereicherung“) zu sehen. 

 

Befruchterbaum zur BlütenzeitBlick über die Streuobstwiese in Schwiegershausen © Wolfgang BodeBlick über Streuobstwiese mit Schnee © Wolfgang Winter

 

Mitte der 90er Jahre wurden dann Ergänzungen zum Altbestand vorgenommen. „Leider wurden uns nicht immer die gewünschten Sorten Äpfel, Birnen und Zwetschen geliefert. So sind bei mir zwar etliche Mirabellen aber nicht die gewünschten Zwetschen angekommen“, sagt Bode. „Ursprünglich hatte ich lediglich geplant, eine sinnvolle Beschäftigung im Ruhestand und einen Rückzugsort zum Entspannen zu haben. Das hat sich aber inzwischen geändert“, erklärt er weiter. Heute stehen auf der Fläche 3 Dutzend Apfelbäumen, ein Dutzend Kirschbäume, acht Birnen und 6 Mirabellen, zwei Walnüsse, zwei Speierlinge, zwei Zibarte sowie 5 Ebereschen. Im Zuge der Erweiterung der Streuobstwiesen in der dortigen Feldmark tauchte bei Bode sehr bald die Frage der Nutzung und Verwertung des zu erwartenden Obstes auf. Die „Interessengemeinschaft Streuobst Schwiegershausen“, kurz: IG SOS, war geboren, mit dem Ziel zumindest die Äpfel in Form von Saft zu vermarkten. Dabei legt die IG SOS Wert darauf, dass die Wiesen weder mit synthetischem und mineralischem Dünger gedüngt, noch Spritzmittel verwendet werden. Der so erzeugte Apfelsaft erfreut sich inzwischen nicht nur in der näheren Umgebung großer Beliebtheit. „Die Bedeutung unseres Saftes wurde auch durch die Auszeichnung als 'Kulinarischer Botschafter für Niedersachsen 2018' gewürdigt und steht unter dem Motto: 'Gawe Äppele giewet gawwen Saft' (Gute Äpfel geben guten Saft)“, freut sich Wolfgang Bode.

 

Blick auf die Streuobstwiese, am linken Rand ein Baum mit Äpfeln © Wolfgang BodeApfelbaum im Winter mit roten Äpfeln © Wolfgang BodeRote Äpfel mit Frost © Wolfgang Bode

 

Ein weiterer Motivationsschub für Bode, sich weiterhin sehr intensiv mit dem Streuobstwiesenschutz zu beschäftigen, war die Teilnahme an der Gründungsversammlung des Streuobstwiesen-Bündnis Niedersachsen e. V. im September 2017. Damals wurde er auch in den Beirat des Vorstandes gewählt. Leider musste er diese Tätigkeit aber aufgrund von zeitlichen Problemen wieder aufgeben.

 

Doch bis zur Niederlegung seines Amtes gestaltete Bode die Aktivitäten des Bündnisses stark mit. In der Klausurtagung 2018 wurde die Idee für das „Wochenende der offenen Streuobstwiese“ geboren, für die er Vorreiter war und die er mit vielen Aktionen auf seiner Wiese und Wiesenführungen in den vergangenen beiden Jahren tatkräftig unterstützte.  

 

Im Sommer 2019 besuchten Schülerinnen und Schüler des Wahlpflichtkurses Biologie der Realschule am Röddenberg in Osterode die Streuobstwiese in Schwiegershausen und Wolfgang Bode gab ihnen einen Einblick in die dortige Tier- und Pflanzenwelt. Geplant ist jetzt der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zwischen Bode und der Schule, um auch zukünftig Jugendliche für dieses Biotop zu sensibilisieren. „Ob es tatsächlich dazu kommt, steht zurzeit noch in den Sternen. Allerdings ist von mir geplant, in Zukunft an der Ferienpass-Aktion der Stadt Osterode am Harz teilzunehmen. Genaueres ist aber noch nicht bekannt.“

 

Menschen bei einer Führung über die Streuobstwiese © Wolfgang BodeMenschen auf der Streuobstwiese beim Wochenende der offenen StreuobstwieseBaum mit Spinnennetz © Wolfgang Bode

 

Selbst für einen langjährigen Streuobstwiesen Besitzer wie Bode ist die Artenvielfalt einer Streuobstwiese immer wieder faszinierend. „Ohne ins Detail zu gehen, habe ich, sozusagen im Vorbeigehen, 80 Pflanzenarten - Gräser, Disteln, Moose und Flechten mal ausgenommen - auf meiner Wiese entdeckt. Die Liste ist aber bei weitem noch nicht vollständig. Ich rechne mit mindestens weiteren 100 Arten. Da die Wiese nicht eingezäunt ist, können alle möglichen Tiere freien Zugang finden. Es sind ständig mehrere Feldhasen und Rehe dort zu beobachten. Wildschweine hinterlassen ebenso wie Fuchs und Dachs Spuren im Boden. Eine meiner jüngsten Entdeckungen ist die Veränderliche Krabbenspinne, die nach meinen Informationen vor etlichen Jahren nur wesentlich weiter südlich in der Oberrheinebene und ähnlich warmen Gebieten zu finden war. So gibt es jeden Tag wieder etwas Neues zu sehen und zu erleben. Ein Ort der puren Entspannung.“