Die Zeit für die Organisation und Umsetzung war knapp, daher war es umso schöner, dass zahlreiche Interessierte bei der digitalen Streuobst-Tagung des Streuobstwiesen-Bündnis Niedersachsen e. V. und des BUND Niedersachsen dabei waren. Anlässlich des 1. Europaweiten Tag der Streuobstwiese hörten über 110 interessierte Streuobst-Akteure vier Impulsvorträge, in denen sie Wissenswertes rund um die Streuobstwiesen in Niedersachsen, artenreiches Grünland und alte historische Obstsorten erfuhren. Außerdem erhielten sie spannende Einblicke in das Thema Verwertung und mobile Mostereien.
Sabine Washof, Projektleiterin des BUND-Projektes „Zusammenarbeit zur Erhaltung von Streuobstwiesen in Niedersachsen“ und Vorsitzende des Streuobstwiesen-Bündnis Niedersachsen e. V., begrüßte die Anwesenden und berichtete über den aktuellen Zustand der Streuobstwiesen in Niedersachsen. "Gleichwohl die Wertschätzung von Streuobstwiesen in den vergangenen Jahren gestiegen ist, werden bei der Pflege und dem Erhalt dieser artenreichen Lebensräume noch viele Fehler gemacht", weiß Sabine Washof, BUND-Expertin für Streuobstwiesen. Auch fehle immer noch eine landesweite Kartierung der Bestände. „Nur in wenigen Landkreisen gibt es Informationen über den genauen Zustand und die Verortung der Bestände - so wie im Landkreis Göttingen, die ihre Flächen kartiert haben", lobt Washof.
Im zweiten Kurzvortrag der Tagung ging Biodiversitätsmanager Walter Bleeker von Saaten Zeller auf die Vielfalt und den Erhalt des artenreichen Grünlands in Niedersachsen ein. Er berichtete von der richtigen Anlage, Pflege und wichtigen Maßnahmen zum Schutz des Grünlands. Denn auch in Niedersachsen geht der Bestand des artenreichen Grünlands enorm zurück. Wie man diesem negativen Trend entgegenwirken kann, hat er in einer sehr anschaulichen Art und Weise an vielen Beispielen aufgezeigt und die neuen Naturschutzregelungen zum Ausbringen von Regiosaatgut dargestellt.
Über die Rolle der Region rund um Amt Neuhaus für die Vielfalt und den Erhalt alter Obstsorten sprach Pomologe Hermann Stolberg, der auch stellv. Vorsitzender des Streuobstwiesen-Bündnis Niedersachsen e. V. ist. In einem informativen Vortrag erläuterte er geografische und klimatische Besonderheiten der niedersächsischen Elbtalauen und erklärte, wie diese Komponenten sowie die dortige Bodenbeschaffenheit die Region zu einem Hotspot der Obstsortenvielfalt hat werden lassen. Über 10 000 historische Obstbäume – zumeist Apfel- und Birnensorten – sind in der Region zu finden. Teilweise auch seltene Arten wie der Rote Brasilienapfel oder der Napoleonapfel lassen sich hier finden und haben die letzten Jahrzehnte überlebt.
Abschließend thematisierte Andreas Wegener, Projektleiter Streuobstwiesen von der Grünen Liga Dresden, in seinem Impulsvortrag "Erhaltung durch Nutzung - Streuobstverwertung am Beispiel einer mobilen Mosterei" die Herausforderungen einer mobilen Mosterei. Denn er gründete 2006 zusammen mit Uwe Riedel die erste mobile Mosterei „Apfelparadies“ in Sachsen. Ihr Anliegen ist der Erhalt der wertvollen alten Obstsorten durch Nutzung, Herstellen hochwertiger Säfte, Wertschätzung der eigenen Obstbäume und Erhalt der artenreichen Streuobstwiesen. Denn nur die regionale Verwertung und Vermarktung lassen sich diese wertvollen Kulturlandschaften erhalten. Andreas Wegener konnte den Teilnehmenden einen guten Einblick in die Praxis eines Mostereibetriebes mit allen Höhen und Tiefen geben.
Trotz viel Input und bereits vorherigem Austausch wurden die Teilnehmer*innen auch im Anschluss an die Impulsreferate nicht müde, weiter über das Gehörte und weitere spannende Themen zu diskutieren. Ein guter Ausklang und ein gelungener 1. Tag der Streuobstwiese.