Mehr zum Thema Streuobstwiesen, deren Anlage und Pflege finden Sie im Streuobstwiesen-Handbuch des BUND Niedersachsen.
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Pflanzung einer Streuobstwiese
1. SORTENAUSWAHL
Die Auswahl der passenden Bäume für Ihre Streuobstwiese hängt von individuellen Bedürfnissen und den örtlichen Gegebenheiten ab. Sie können zwischen Hoch- oder Halbstammbäumen wählen, sich für einen Mehrsortenbaum oder für Spalierobst entscheiden. Bei Äpfeln und Birnen unterscheidet man zwischen Wirtschafts- und Tafelobst, außerdem je nach Erntezeitpunkt zwischen Sommer-, Herbst- und Winterobst. Manche Sorten eignen sich besonders fürs Backen und Kochen, Dörren und Saftpressen. Für Diabetiker und Allergiker gibt es ebenfalls ausgewiesene Sorten. Entscheidend ist auch die Robustheit gegen Krankheiten. Einige Bäume brauchen eine andere Sorte für die Befruchtung, das gilt insbesondere für Kirschbäume. Grundsätzlich sollten Sie regionale Sorten wählen, die sich über viele Jahre bewährt haben.
Des Weiteren sollte darauf geachtet werden, dass manche Obstsorten selbststeril sind und somit ihren Pollen nicht selbst befruchten können. Somit gehören Äpfel und Birnen zu den Fremdbefruchtern und benötigen damit immer mindestens einen Obstbaum derselben Art in ihrer Nähe, um Früchte zu entwickeln.
Bei den Kirschen muss zwischen Süß- und Sauerkirschen unterschieden werden. Die meisten Sauerkirschen sind selbstbefruchtend, wohingegen das bei den Süßkirschen eher die Ausnahme ist. Pflaumen sind sehr divers und verfügen über unterschiedliche Chromosomenverhältnisse. Je nach Sorte gehören sie entweder zu den Selbstbefruchtern oder den Fremdbefruchtern.
Die meisten Sorten einer Art können sich gegenseitig gut befruchten, doch scheiden manche Sorten als Befruchter gänzlich aus. Eine Liste mit Sorten und den passenden Pollenspender/Befruchtersorten finden Sie hier: Apfel, Birne, Süßkirsche, Pflaume
Bei Obstsorten unterscheidet man zudem in diploid und triploid – Nur diploide Sorten (doppelter Chromosomensatz) sind befruchtungsfähig, triploide Sorten (dreifacher Chromosomensatz) eignen sich nicht als Befruchtersorte. Wer eine triploide Sorte pflanzt, muss immer zwei diploide Sorten dazu pflanzen, um von allen drei Bäumen Früchte zu ernten. Die beiden diploiden Sorten befruchten sich gegenseitig und ebenso die triploide Sorte.
2. AUSWAHL DES STANDORTS
Der Zustand des Bodens mit seinen Nährstoffen und Mikroorganismen ist entscheidend für ein gutes Gedeihen der Bäume. Meiden Sie Ton- und Sandböden, Staunässe und lang anhaltende Trockenheit. Stark tonhaltige Böden können Sie mit Sand vermischen und mit einer Mulchschicht versehen, Sandböden mit einer Humusschicht anreichern. Die Abstände zwischen den Bäumen betragen idealerweise 12 bis 15 Meter, in den Randbereichen bis zu 25 Meter, damit Sie mit zeitgemäßen Mähgeräten arbeiten können. Reihen legen Sie wegen des Schattenwurfes versetzt auf Lücke an (Dreieckverbundpflanzung).
3. PFLANZTERMIN
Der beste Pflanzzeitraum ist im Spätherbst in den Monaten November bis Dezember nach dem Blattabwurf, solange der Boden nicht gefroren ist. Auch im Frühjahr nach dem Frost können Sie bis in den April hinein pflanzen. Ist das Frühjahr trocken, müssen Sie jedoch regelmäßig gießen.
4. VORBEREITUNG DES PFLANZBEREICHS
Das Pflanzloch sollte einen Durchmesser von 80 bis 100 cm haben. Je nach Bodenstruktur werden die Grassoden ausgestochen, das Pflanzloch 40 bis 50 cm tief ausgehoben und der Boden um weitere 20 cm gelockert. Entfernen Sie Steine und alte Wurzelteile.
Da der junge Baum noch nicht durch sein Wurzelwerk verankert ist, empfiehlt es sich, ein bis zwei Stützpfähle auf der Wind zugewandten Seite aufzustellen. Sie schützen vor Windbruch, sorgen für ein gerades Wachstum und dienen als Halterung für einen Verbissschutz, falls eine Beweidung vorgesehen ist. In diesem Fall werden drei bis vier Pfähle gebraucht. Die Pfähle sollten eine Länge von gut 2 Metern haben und ca. 50 cm tief in die Erde eingeschlagen werden. Auf beweideten Wiesen sollten Sie etwas längere Pfähle nehmen. Der Abstand zwischen Baum und Pfahl beträgt ca. 60 cm. Zum Anbinden des Baums können Sie Kokosstrick benutzen, alte Fahrradschläuche oder verstellbare Gurte, die »mitwachsen«.
Die Pflanzerde mischen Sie idealerweise bis zu einem Verhältnis von 1:1 mit reifem Kompost. Verzichten Sie auf frischen Mist und aus ökologischen Gründen auf torfhaltiges Material. Sie können auch etwas Kalk oder Stein- und Algenmehl zur Pflanzerde hinzugeben. Das liefert den jungen Bäumen wichtige Nährstoffe.
5. VORBEREITUNG DES BAUMS
Vor dem Einpflanzen kappen Sie beschädigte und vereinzelte überlange Wurzeln. Geben Sie etwas von der vorbereiteten Pflanzerde in das Pflanzloch und bringen Sie ggf. einen Wühlmausschutz ein. Dafür empfiehlt sich dünner, unverzinkter oder verzinkter Draht (je nach Bodentyp), der dem Wurzelwuchs nicht im Wege steht, beispielsweise Kaninchendraht mit einer Maschengröße von 13 bis 15 mm. Er rostet nach einigen Jahren durch oder wird durch die wachsenden Wurzeln gesprengt.
Beim Pflanzschnitt schneiden Sie den jungen Baum zurück, um einen möglichst kräftigen Holztrieb zu erreichen. Neben der Stammverlängerung bleiben drei oder vier Leitäste stehen, die als Gerüst die Grundlage für die Krone bilden. Die Äste werden etwa auf ein Drittel ihrer Länge gestutzt. Sich kreuzende oder nach innen wachsende Seitentriebe schneiden Sie komplett weg. Der Rückschnitt wird jährlich als »Erziehungsschnitt« fortgesetzt.
6. DIE PFLANZUNG
Stellen Sie den Baum mit dem Wühlmausschutz so in das Pflanzloch, dass sich die Veredelungsstelle des Baums etwa eine Handbreit über dem Boden befindet. Die vorbereitete Pflanzerde wird in das Pflanzloch gegeben, zwischendurch leicht festgetreten und ggf. gewässert.
Nach der Pflanzung den Boden kräftig festtreten, evtl. Grassoden wieder so auflegen, dass eine Gießmulde entsteht. Den Baum gut angießen. Die Stützpfähle sollten mindestens fünf Jahre stehen bleiben, um den Baum zu stabilisieren.
Beispiele für Obstsorten, die besonders gut für den norddeutschen Raum geeignet sind:
Äpfel:
Altländer Pfannkuchenapfel
Uelzener Rambur
Finkenwerder Herbstprinz
Celler Dickstiel
Purpurroter Cousinot
Rote Sternrenette
Kirschen:
Schneiders Späte Knorpelkirsche
Große Prinzessin
Kronprinz von Hannover
Birnen:
Gute Graue
Gellerts Butterbirne
Köstliche von Charneux
7. BEDÜRFNISSE VON HONIG- UND WILDBIENEN
Bevor man eine neue Streuobstwiese anlegt, sollte sich nach Möglichkeit ein Gutachter den Standort anschauen. Er kann beurteilen, wie der Boden beschaffen ist, welche Pflanzen hier bereits gut gedeihen und welche Tierarten – insbesondere Wildbienenarten – sich schon angesiedelt haben. Auch bei der UNB und/oder bei örtlichen Naturschutzvereinen kann man anfragen, ob es zum gewählten Standort bereits Daten gibt, die man mit einbeziehen könnte. Auf dieser Grundlage kann man mit Unterstützung des Gutachters das weitere bienenfreundliche Vorgehen planen.
Einige Tipps zur bienenfreundlichen Neuanlage möchten wir Ihnen schon jetzt mit auf den Weg geben:
Weil viele Wildbienenarten im Boden nisten, sollte man von vornherein entsprechende Nisthabitate fördern, indem man zum Beispiel mit einer geeigneten Maschine (beispielsweise einem (Mini-)Bagger oder einem Schlegelmulchgerät) Rohbodenstellen schafft oder offene Bodenbereiche bestehen lässt. Hierbei ist es besonders in kleinflächigen Habitaten wünschenswert, dass es nicht zu wesentlichen Materialverlusten kommt.
Rohbodenflächen können durch flaches Abschieben der obersten Vegetationsbedeckung geschaffen werden, wobei im Optimalfall nur die Vegetationsbedeckung entfernt wird. Hierdurch wird gewährleistet, dass die im Oberboden ruhende Samenbank geschont wird und damit konkurrenzschwache Pflanzenarten von der Maßnahme profitieren, die wertvolle Pollenquellen für Wildbienen darstellen können.
Auf lehmigen oder steinigen Böden ist das Abschieben wesentlich schwieriger durchzuführen als in Sandgebieten. Hier kann eine sehr niedrige, bis in die Grasnarbe reichende Mahd, bei der die Vegetationsdecke etwas angerissen wird, eine günstige Niststruktur schaffen. Ähnliche Strukturen können auch durch Weidetiere erzeugt werden, z. B. bei kleinflächiger, gelenkter Überbeweidung.
Bei der Neuanlage muss man aufpassen, dass man evtl. bereits bestehende Nisthabitate nicht zerstört. Auch deshalb ist eine vorherige Einschätzung eines Experten wichtig.
Foto: Klaus Kuttig
Die genannten Maßnahmen machen nur Sinn, wenn sie in mikroklimatisch begünstigten Teilbereichen durchgeführt werden, die nicht durch Gehölze beschattet sein dürfen und deren Exposition möglichst in südliche Richtung (SO bis SW) weist.
Um Nisthabitate für oberirdisch nistende Arten zu schaffen, sollten alte und tote Bäume erhalten werden. An einem vor Regen geschützten und sonnigen Standort kann man zusätzlich Totholzelemente sammeln und aufschichten. Gut geeignet sind auch alte Zaunpfähle. Bei manchen Arten sind Pflanzenstängel von Stauden wie der Königskerze oder Zweige von Holunder, Brombeere oder Himbeere beliebt.
Auf keinen Fall sollte man sofort die gesamte Fläche mit einer Blüh- oder Rasenmischung einsäen, sondern sich auch für diesen Schritt fachkundige Beratung suchen. An einzelnen Stellen kann man erst einmal die Grasnarbe öffnen und mit etwas Geduld schauen, was natürlicherweise aus der Samenbank sprießt. Danach kann man gezielt mit Pflanzenlisten von UNB, ansässigen Naturschutzvereinen etc. die vorhandenen Blühaspekte bienenfreundlich ergänzen. Die Orientierung an Pflanzen, die schon in der Umgebung wachsen, ist dabei immer gut. Man sollte auf jeden Fall regionales Saatgut verwenden.
Quellen
Bund-Lemgo / Obstbaumpflanzung
NABU
Punkt 7: Thomas Fechtler, Luisa Stemmler (Projekt „Netzwerk Wildbienenschutz in Niedersachsen“)
WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN
www.pomologen-verein.de
LITERATURHINWEIS
Pomologen-Verein Niedersachsen Bremen 2013, Alte Obstsorten neu entdeckt für Niedersachsen –
Bremen, Atelier im Bauernhaus