Verlockende Süße im Paradiese:

Sehnsuchtsort Streuobstwiese 

 

Im rosigen Liebesraum, 
dem wundervoll blühenden Obstbaum, 
paaren 
sich Vögel in Scharen. 
Hohlbäume und Hecken 
bieten Platz für versteckte Nistecken.
Mit Grashalmen und Moos 
polstern sie ihre Nester famos,
und füttern die Brut
mit Raupen sehr gut.
Auch Engerlinge sind der Hammer, 
zur Freude von Gartenrotschwanz und Goldammer. 

Nun tummeln 
sich Hummeln, 
und trinken Nektar 
quer durch den Obsthektar.
Sammeln Pollen, 
und ohne zu wollen 
befruchten sie jede Blüte 
zu hoher Güte.

Nicht nur Hummeln nisten im Mauseloch,
auch Zauneidechsen nutzen es im Winter noch,
wenn die Mäuse verschwunden,
weil sie Falke, Eule und Wildkatze gut munden. 
Im Frühling sich die Echsen auf sonnige Ameisenhügel legen,
dem Grünspecht dienen Ameisen als Lieblingsspeise hingegen.

Aus morschem Holz 
krabbeln ganz stolz
Hirschkäfer mit gewaltigen Zangen,
und lassen die Konkurrenten bangen.
Der Baumblüten duftende Rosenöle
locken aus der mulmigen Baumhöhle
smaragdgrün glänzende Rosenkäfer,
und die Knospen mag sogar der Siebenschläfer. 

Zahlreiche Arten der wilden Bienen 
der Bestäubung verschiedenster Blüten dienen,
doch Ölkäferlarven heften sich an ihre Schienen,
und Bienenwolf und Bienenkäfer verminen
die Bruten der Mauerbienen.
Schwer ist das Leben der Insekten,
aber erst die Menschen führten es zu tödlichen Effekten.
Sie fürchten Ölkäfer, Maden und Hornissen
und möchten diese lieber missen.
Doch die Kinder der Vögel, Igel und Gartenschläfer 
brauchen die Larven der Falter, Heuschrecken und Käfer!
Ohne sie verstummt ihr Leben
wie nach einem Erdbeben.

Als Kind sah ich Stare in riesigen Schwärmen 
durch rotbehangene Kirschbäume lärmen. 
Heutzutage sind sie viel leiser - 
die Stare und auch die Kirschkernbeisser.
Wir waren gewohnt durch den Garten zu pirschen,
verschlangen große Mengen an schwarzen Kirschen,
und bei kleinen weißen Tieren
hatten wir uns nicht zu zieren!
Geburtstage dann am vertrauten Orte 
versüßte stets Omas Kirschentorte.

Auch heute verströmen betörende Düfte 
im Herbst dann die saftigen Früchte, 
laden ein zum frischen Schmaus 
vom Specht bis zur Haselmaus.
Sogar Fuchs und Dachs 
werden durch Zwetschgen zum dicken Max! 
Ferner schmeckt auch Raupe und Wanze 
das aromatische Ganze,
Apfelwickler und Kirschfruchtfliege 
nutzen Fruchtfleisch als Kinderwiege.

Nur die Liebe zu lebendigen Obstgärten
macht die Tiere zu unseren Gefährten,
denn jeder zauberhafte Baumgarten
ist Liebesort für Faunen aller Arten.
Selbst ohne Kreuzdorn, ach Du Alter,
gibt’s noch nicht einmal Zitronenfalter!
Wichtiger als nach Gewinn zu streben 
ist der Respekt für das Insektenleben.
Es spart die Kosten für das Gift,
was sonst Ameise und Spinne trifft!

Denn teilen wir die köstliche Nahrung,
halten wir Befruchtung in Bewahrung,
und erleben kostenfrei Gesang
Von morgens bis zum Sonnenuntergang!
Wir ernten dann gesunde Früchte,
und, erinnernd an kindliche Süchte, 
beglückt uns ihre Süße 
sowie die Schönheit jeder Streuobstwiese - 
mit den Vögeln teilen wir doch gerne solche Paradiese!

Dr. Bettina Lange-Malecki