BRAUNSCHWEIGER TAFEL-RAMBOUR 

Sortenbeschreibung einer verschollenen Sorte von Hermann Stolberg

Quelle: Lucas, E.: Pomologische Tafeln zum Bestimmen der Obstarten Nr.9 Braunschweiger Tafel-Rambour; Ravensburg 1867

 

Was wissen wir über diesen Apfel?
Er tauchte im Niedersächsischen im frühen 19. Jahrhundert – damals noch „Land Hannover“ – ursprünglich vornehmlich in der Region um Braunschweig auf.

Aber schnell war er bis in das Alte Land hinein bekannt. Der letzte Pomologe, der diesen Apfel kannte, wohl auch schätzte und beschrieb, war der Lehrer a.D. Heeschen aus Neuenfeld. Die Region Neuenfeld ist das heutige Hamburg/Hausbruch – eine Region, die zum Hamburger Teil des sogenannten „Alten Landes“ gehört, die niederelbische Obstbauregion! Lehrer Heeschen war damals bekannt für seine Beiträge in der Deutschen Obstbauzeitung.


Quellen
Berichtet wird über diesen Apfel, soweit uns aus den vorliegenden Dokumenten bekannt, über einen Zeitraum von 78 Jahren zwischen den Jahren 1833 bis 1911. Danach verliert sich jede Spur dieser Sorte. Mündliche Überlieferungen liegen uns nicht vor.


Zur Geschichte der Sorte Braunschweiger Tafel-Rambour
I. Namensgebung der Sorte: Aus den Buchtexten: „Verhandlungen des Vereins zur Förderung des Gartenbaus in den Königlich Preußischen Staaten-Zehnter Band von 1834 (Lit.1)“ erfahren wir, wie die Gartengesellschaft in Braunschweig eben dort berichtete, dass der von dem dortigen (Anm. des Verfassers: Braunschweig) Handelsgärtner Benecke aus dem Kern gezogenen Apfel mittels herzoglichen Reskripts vom 20.12. (Anm. des Verfassers: das Jahr 1833 ist gemeint) den Namen „Braunschweiger neuer Tafel-Rambour“ erhalten (hat).
Durch diese von uns im Streuobstwiesen-Bündnis Niedersachsen e.V. durchgeführte aufwendige Recherche können wir die Entstehung der Sorte nunmehr genau angeben: (!) Das Jahr 1833 in Braunschweig war die Geburtsstunde der Sorte „Braunschweiger Tafel-Rambour“, Züchter: Handelsgärtner Benecke aus Braunschweig.


II. Erste bekannte Beschreibung der Sorte: Der Pomologe Dr. T. Engelbrecht war 1866 in Braunschweig als „Medicinalrat“ angestellt und beschrieb diese „neue“ Braunschweiger Sorte erstmals in einem „Extrablatt für die Zeitschrift des Hannoverschen Pomologischen Vereins“ (Lit.2).
Die ersten Bäume des Braunschweiger Tafel-Rambours dürften sich also zu dieser Zeit erstmals seit „Entstehung“ dieser Sorte im allerbesten Ertragsalter (ca. 30 Jahre alt) befunden haben. Engelbrecht beschreibt diese Sorte als noch nicht weit außerhalb Braunschweigs verbreitet und bescheinigt der Sorte „schöne und „werthvolle“ Früchte auf sandigem Graslande“. Auch war ihm bekannt, dass diese Sorte dort in Braunschweig aus Samen gezogen wurde.


III. Erste kolorierte Abbildung der Sorte: Die so durch die Beschreibung von Dr. T. Engelbrecht bekannt gewordene Sorte, veranlasste wohl nur ein Jahr später, 1867, den Pomologen Dr. E. Lucas in seinen „Dr. Eduard Lucas-Pomologische Tafeln Nr.9“ diesen Apfel zu beschreiben und auch „coloriert“ abzubilden (Lit. 3). Wir haben hier die erste uns bekannte Abbildung des Braunschweiger Tafel-Rambours vorliegen.


IV. Die Sorte im IHB - Lucas & Oberdieck:
1875 wurde der Apfel dann im IHB Band IV: Illustriertes Handbuch der Obstkunde, Band IV von Lucas und Oberdieck als Abbildung No. 392 beschrieben und im Schnitt abgebildet (Lit.4).


V. Wieder Engelbrecht: 23 Jahre später beschreibt der Pomologe Dr. T. Engelbrecht die Sorte ein zweites Mal. Er beschreibt 1889, 23 Jahre nach seiner Erstskizzierung (Lit.2), nunmehr als 1.Vorsitzender des
deutschen Pomologen-Vereins, in „Deutschlands Apfelsorten …“ (Lit.5) diesen Apfel als Nr. 162: Braunschweiger Tafel-Rambour.


VI. Letzte uns bekannte Quelle: „Erfurter Führer“
Im „Erfurter Führer“ im Obst-und Gartenbau vom 2.Juli 1911 (Lit.6) beschreibt Lehrer Heeschen aus Neuenfelde (heute: Hamburg/Hausbruch, Anm. des Verfassers) bei Hamburg letztmalig diesen Apfel.


VII. …. und nun verliert sich seine Spur ….


Abbildungen der Sorte Braunschweiger Tafel-Rambour:

  Frucht Quellenangaben
Bild 1

Lucas, Oberdieck u.a.:


Illustriertes Handbuch der
Obstkunde Band IV Äpfel –
Stuttgart 1875
(Beschreibung und s/w-Abbildung
halbe Frucht Nr. 392)

Bild 2

Engelbrecht, Th.:


Deutschlands Apfelsorten –
Braunschweig 1889
(Beschreibung und s/w-Abbildung
halbe Frucht Nr. 162)

Bild 3

Zeitschrift - ohne Autor:


Kunstbeilage der Zeitschrift
Erfurter Führer – 1911
(Beschreibung und farbige
Abbildung ganze Frucht)

Bild 4

Lucas, E.:


Pomologische Tafeln zum
Bestimmen der Obstarten Nr.9
Braunschweiger Tafel-Rambour;
Ravensburg 1867
Anm.: Colorierte Abbildung der
Darstellung: Lucas, Oberdieck u.a.:
Illustriertes Handbuch der
Obstkunde Band IV Äpfel


Fruchtbeschreibung
Form und Größe:
Mittelgroß, meist flachrund, mittelbauchig. Die sehr rundlich wirkende Frucht rundet sich zum Kelch und Stiel
flachrund ab.
Frucht breiter als hoch (etwa 80 bis 85 mm Breite; etwa 60 bis 64 mm Höhe; 180 bis 240 Gramm schwer)


Schale:
GF hellgrüngelb, später gelb, wachsartige geschmeidige Schale, fast etwas fettig wirkend – beinahe spiegelnd.
Ein äußerst „attraktiver“ Apfel, der auf der Schale keinen Rost aufweisen soll, einzig im Stielbereich möglich.
Der Apfel weist zudem einen starken Duft auf, wie wir ihn von der Sorte Gravensteiner kennen.
DF oft sonnenseits ½ - ¾ karminrot bedeckt und schön rot gebändert und geflammt.
Feine Schalenpunkte, relativ häufig in roter Deckfarbe gelblich umhöft, in Grundfarbe bräunlich erscheinend.
Bei reifen Früchten ist die gelbe Grundfarbe (G) meist nur bei Schattenfrüchten zu sehen.


Kelchseite:
Kelch eng und nur flach tief, geschlossen, grünbraun, wollig und von vielen kleinen Falten umgeben. Die
Kelchblättchen stehen aufrecht, sind mittellang (wirken wie eine Krone) und ziemlich breit. Sie berühren sich
am Grunde.

Es ziehen sich von der Kelchseite aus oft feine Falten über die ganze Frucht auch bis in die Stielgrube hinein. Die
Frucht kann aber sehr häufig auch regelmäßig gerippt auftreten, dann laufen über die Kelchgrube bis in die
Stielgrube hinein 5 feinkantige Wülste.
Kelchhöhle kegelförmig, keine Kelchröhre.


Stielseite:
Stielgrube tief und breit, Stiel nur kurz (10 bis 15 mm) und relativ dünn.
Die Stielgrube ist oft etwas faltig, kann aber auch glatt sein.
Kein oder nur ganz feiner strahliger Rost.


Kernhaus:
Stielwärts, breit und offen. Kerne sehr gut ausgeprägt, mittelgroß, länglich eiförmig – Apfel ist diploid.


Fruchtfleisch:
Locker, auch leicht mürbe, hellgelblichweiß, saftig-süßweinig, fein gewürzt und süß („… rosenartig würzig =
siehe Rosenapfel“). Reife Früchte können auch leicht rosarotes Fruchtfleisch aufweisen.


Reife, Haltbarkeit und Verwendung:
Pflückreife ab Ende Oktober; Genussreife ab Ende Oktober.
„Mehrere“ (?) Monate haltbar.
Tafelobst erster Güte!



Literaturhinweise
Lit.1: Ohne Autor: Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den königlich preußischen
Staaten; Zehnter Band; Berlin 1834


Lit.2: Engelbrecht, Dr. T: Auswahl der hier zu Lande zu pflanzenden Obstbäume – Zeitschrift des hannoverschen
pomologischen Vereins; Salzgitter 1866


Lit.3: Lucas, E. Pomologische Tafeln zum Bestimmen der Obstarten Nr.9 Braunschweiger Tafel-Rambour;
Ravensburg 1867


Lit.4: Lucas, Oberdieck u.a.: Illustriertes Handbuch der Obstkunde Band IV Äpfel; Stuttgart 1875 (Beschreibung
und s/w-Abbildung halbe Frucht Nr. 392)


Lit.5: Engelbrecht Th.: Deutschlands Apfelsorten; Braunschweig 1889
(Beschreibung und s/w-Abbildung halbe Frucht Nr. 162)


Lit.6: Kunstbeilage der Zeitschrift Erfurter Führer; 1911
(Beschreibung und farbige Abbildung ganze Frucht)
Anmerkung: Quellenangaben der Abbildungen (Bild 1 bis Bild 4) im laufenden Text


Neu Darchau, den 14.05.2020
Hermann Stolberg